Wenn es um Tierschutz in Deutschland geht, ist Vertrauen entscheidend – Vertrauen, dass die Interessen der Tiere frei von politischem Druck und wirtschaftlichen Einflüssen vertreten werden. Doch schon als Silvia Breher für die Position der Bundetierschutzbeauftragten vorgeschlagen wurde, sorgt die Entscheidung für erhitzte Gemüter.
Die Position der Tierschutzbeauftragten ist erst seit zwei Jahren offiziell im Bundeskanzleramt verankert. Ihre Aufgabe: unabhängig beraten, Missstände aufzeigen, Gesetze bewerten und Impulse für besseren Tierschutz setzen.
Ein Amt mit Anspruch – und Fallhöhe
Die scheidende Amtsinhaberin Ariane Kari war parteilos – ein Detail, das viele Tierschutzorganisationen nun schmerzlich vermissen. Denn Silvia Breher (CDU), die das Kabinett am Mittwoch als neue Bundestierschutzbeauftragte bestätigt hat, ist nicht nur Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Cloppenburg–Vechta, einer Hochburg der Nutztierhaltung, sondern auch Parlamentarische Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium.
Damit ist sie nicht mehr parteilos, sondern direkt dem Landwirtschaftsminister unterstellt. Den soll sie eigentlich kritisch und unabhängig beraten. Kritiker sehen darin einen unauflösbaren Interessenkonflikt.
Tierschützer kritisieren neue Tierschutzbeauftragte
Besonders deutlich wird Harald Ullmann, stellvertretender Vorsitzender von „Peta Deutschland“: Er vergleicht Silvia Brehers Kompetenz für die Tierschutzbeauftragte mit der eines Mitarbeiters bei einem Tönnies-Schlachthof – „das käme aufs gleiche Null-Ergebnis raus.“
Auch „Vier Pfoten“ warnt: „Die Unabhängigkeit des Amtes gehört der Vergangenheit an“, so Volker Gaßner. Als Staatssekretärin müsse Breher Regierungspositionen vertreten und könne keine weisungsfreie Stimme für die Tiere sein.
Die Organisation betont zudem ihre langjährige Rolle als Geschäftsführerin des Kreislandvolkverbandes Vechta – einer Interessenvertretung der Landwirtschaft – und verweist auf die wirtschaftliche Bedeutung der Tierindustrie in ihrer Heimatregion.
Der „Deutsche Tierschutzbund“ äußert „maximale Verwunderung“. Präsident Thomas Schröder stellt die zentrale Frage: „Wie soll das gehen? Frau Breher wird wohl kaum mit sich selbst beraten können.“ Aus seiner Sicht sind die Aufgaben einer unabhängigen Tierschutzbeauftragten nicht mit der Rolle einer Staatssekretärin vereinbar.
Auch Volker Gaßner, Geschäftsführer von „Vier Pfoten“, schreibt Breher „offensichtlichen Befangenheit und fehlende Tierschutzfachexpertise“ zu. Er fordert im Namen der Tierschutzstiftung:
„Trotz der offensichtlichen Befangenheit und fehlenden Tierschutzfachexpertise, erwarten wir von Silvia Breher unabhängige und fachlich fundierte Stellungnahmen und Vorstöße zum Wohle der Tiere. Wir fordern, dass die Stimmen und die Expertise von Tierschützer:innen bei den Vorhaben der Bundesregierung Gehör finden und ernst genommen werden.”
Agraminister (CDU) lobt neue Tierschutzbeauftragte
Bundesminister Alois Rainer hingegen sieht in Breher „eine starke Stimme für den Tierschutz“, so heißt es in einer Pressemitteilung des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Er lobt ihre politische Erfahrung, ihr Augenmaß und die Fähigkeit, Tierschutz „ohne neue Bürokratie“ voranzubringen. Die Berufung sei zudem haushaltsverträglich – ein Argument, das Kritiker als vorgeschoben werten.
„Die Erklärung des Ministeriums, dass man mit der jetzigen Entscheidung den Haushalt entlaste, ist abwegig“, kritisiert „Vier Pfoten“-Chef Gaßner. Die bisherige Geschäftsstelle der Bundestierschutzbeauftragten habe nur einen kleinen Teil des Haushalts ausgemacht. Dabei wurde mit der Stelle dem Wunsch des Wählers nach einer unabhängigen Stimme für die Tiere auf Bundesebene entsprochen, so Gaßner.
Breher selbst bezeichnet den Tierschutz als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ und verspricht den Dialog mit Tierschutzverbänden, Landwirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Sie wolle „mit großem persönlichen Engagement“ in die neue Aufgabe starten.
Was nun auf dem Spiel steht
Für Silvia Breher stehen nun drängende Themen auf der Agenda: strengere Regeln für Tiertransporte, ein Ende der tierschutzwidrigen Anbindehaltung, Verbesserungen bei Tierversuchen sowie Maßnahmen für Heim- und Wildtiere.
Ob Silvia Breher diese Herausforderungen unabhängig und mutig angehen wird – oder ob das Amt tatsächlich seine Unabhängigkeit verlieren wird – wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Sicher ist: Die Erwartungen sind hoch, das Misstrauen aber ebenso.



