Mit Haustieren ist es vermutlich wie mit Kindern: Die eigenen sind immer die besten und natürlich gaaanz anders als alle anderen. Anders im Sinne von: besser. Vielleicht kennst Du den Begriff „Pick me Girl“? Damit werden Mädchen oder Frauen bezeichnet, die sich Männern gegenüber positiver darstellen wollen, indem sie betonen, anders als andere Frauen zu sein.
Dahinter steckt natürlich noch viel mehr, das hier allerdings den Rahmen sprengen würde. Was ich nur sagen will, ist: Mein Kater ist eine Katzen-Version davon. Denn er ist anders als andere Samtpfoten. Warum?
Katzen gelten oft als eigenwillige, unnahbare Tiere. Mein Kater Weasley widerlegt mit seinem Verhalten jedes Klischee über Katzen. Er erinnert eher an einen Hund – vielleicht, weil ich ihn von Geburt an so behandelt habe? Weasley lebt seit acht Jahren bei mir, und ich kann mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen.

Schon früh habe ich mir nichts von den gängigen Aussagen wie „Mit Katzen kannst Du dies oder das nicht machen“ angenommen. Weasley hat von klein auf alles kennengelernt, und ich glaube, das ist der Grund, warum er heute so entspannt ist. Er ist erzogen, kennt Regeln und weiß, was „Nein“ bedeutet. Wenn ich schnipse, weiß er, dass es Zeit ist, die Beine in die Hand zu nehmen. Er reagiert auf Lob und hält sich an Abmachungen.
Klare Regeln im Zusammenleben
Von Anfang an gab es feste Regeln. Weasley darf zum Beispiel nur aufs Sofa, wenn seine Decke dort liegt. Er wartet dann immer ungeduldig davor und „quakt“ uns an, bis wir die Decke hinlegen. Erst dann springt er hoch und macht es sich gemütlich. Neue Situationen muss ich ihm langsam näherbringen und dabei bleiben, bis er sich allein traut. Ich gebe ihm viel Sicherheit, bis er merkt, dass alles in Ordnung ist und er sich keine Sorgen machen braucht.
Weasley ist kein stiller Begleiter – er liebt es zu „reden“. Sein tiefes Miauen ist unverkennbar, und je nach Tonlage weiß ich sofort, ob er sich beschwert oder nur plaudern will. Besonders faszinierend ist, wie er auf alles reagiert, was ich sage. Er „quatscht“ viel mit mir, reagiert auf jedes Wort und gibt immer eine Antwort. Unsere Gespräche sind ein fester Bestandteil meines Alltags.
Beim Tierarzt sorgt Weasley regelmäßig für Lacher. Die Pflegerinnen und die Ärztin sind sich einig: „Wir haben noch nie eine Katze mit so einem starken Charakter gesehen.“ Und „Wenn Du mal einen schlechten Tag hast, leihst Du Dir den aus und Dein Tag ist gerettet.“ Das sind nur einige der Sätze, die ich von ihnen oft höre.
Weasleys Charakter spiegelt sich in jeder seiner Gesten und Blicke wider. Man sieht ihm förmlich an, was er denkt. Besonders markant ist sein tiefes Miauen, das je nach Tonlage entweder nach einem kleinen Plausch oder nach einem Protest klingt.
Mein Kater ist kein geborener Jäger – aber mutiger Entdecker
Während andere Katzen ihrer Jagdleidenschaft nachgehen und Vögel oder Mäuse fangen, zeigt Weasley wenig Ambitionen. Selbst eine Fliege kann ihn nicht lange faszinieren, denn er merkt schnell, dass er sie nicht bekommt. Oft verliert er die Fliege schon aus den Augen, wenn sie an ihm vorbeifliegt und dann sucht er sie ganz aufgeregt überall. Auch Ausflüge in unseren Garten findet er gar nicht gut und fühlt sich sichtlich unwohl – er bleibt lieber drinnen, wo alles vertraut ist. Und das ist auch völlig okay.
Anders als viele Katzen liebt es Weasley, im Mittelpunkt zu stehen. Schon als Baby habe ich ihn während der Weihnachtsfeiertage mit zu meiner Familie genommen, wo er direkt alle Herzen eroberte. Anstatt sich zu verstecken, ist er neugierig aus der Transportbox getapst, hat alles erkundet und sich direkt wohlgefühlt. Auch bei Besuchern zuhause ist er neugierig und freundlich – sogar fremde Monteure werden an der Tür mit einem fröhlichen „Quatschen“ begrüßt.

Entspannt und pflegeleicht
Weasley macht es mir in vielerlei Hinsicht leicht. Er hat keine speziellen Futtervorlieben und zeigt sich auch bei der Wahl des Katzenstreus unproblematisch. Auch im gemeinsamen Haushalt bleibt er vorbildlich: Er zerkratzt keine Möbel oder Wände, springt nicht auf Tische, Stühle oder Kommoden– sein Bewegungsradius endet etwa auf Kniehöhe. Was für mich als Katzenbesitzer ein wahrer Segen ist.
Weasley ist ein sanftmütiger Kater, der niemandem etwas zuleide tun könnte oder etwas lange übelnimmt. Seine kuschelige Seite zeigt er jeden Tag: Er fordert seine Streicheleinheiten ein, begrüßt mich, wenn ich nach Hause komme, und legt sich dann schnurrend an meine Seite.
Was Weasley so besonders macht, ist nicht nur sein untypisches Verhalten, sondern die enge Bindung, die wir teilen. Er ist keine typische Katze, die ihre eigenen Wege geht. Stattdessen ist er immer an meiner Seite und zeigt mir jeden Tag auf seine eigene, liebevolle Art, wie wichtig ich ihm bin. Weasley ist für mich das Beste, was mir je passiert ist – und genau das zeige ich ihm jeden Tag aufs Neue.
Liegt es daran, dass Weasley orange ist? Schließlich sagt man Katzen mit dieser Fellfarbe einen freundlichen Charakter nach. Ich bin mir trotzdem sicher: Keiner ist wie Weasley! Oder…?
von Vivien-Sophie Diebold



