Animal Hoarding, das krankhafte Sammeln von Tieren, entwickelt sich in Deutschland zu einem gravierenden Tierschutzproblem. Einem aktuellen Bericht des Deutschen Tierschutzbundes zufolge, wurden im Jahr 2024 fast 9.000 Tiere Opfer von Animal Hoarding. Die Zahl der Fälle steigt seit Jahren stetig.
Die Auswirkungen sind verheerend: Viele Tiere leiden unter Unterernährung, Krankheiten und Verwahrlosung, Hilfe kommt häufig zu spät. Für Tierheime bedeutet die Versorgung der beschlagnahmten Tiere eine kaum noch zu stemmende Belastung, finanziell, personell und emotional.
Animal-Hoarding-Bericht 2024
2024 wurden bundesweit 147 Fälle von Animal Hoarding dokumentiert, ein Anstieg um fast 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Betroffen waren insgesamt 8.911 Tiere, so viele wie noch nie seit Beginn der Erfassung im Jahr 2012. Damit setzt sich ein besorgniserregender Trend fort, der nun schon vier Jahre anhält, heißt es im „Animal Hoarding Bericht 2024“ vom Deutschen Tierschutzbund.
Seit Beginn der Dokumentation vor zwölf Jahren wurden mehr als 50.000 Tiere in Deutschland Opfer der Sammelsucht. Fachleute warnen, dass die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte. Denn viele Fälle werden nicht gemeldet oder gelangen gar nicht in die Statistik, weil Behörden oder Tierschutzvereine nicht beteiligt sind.
Die meisten Fälle: Katzen, Hunde und Kleintiere
Besonders häufig betroffen sind Katzen, die in mehr als der Hälfte aller Fälle gehortet wurden – allein 2024 waren es fast 1.900 Katzen. An zweiter Stelle stehen Hunde mit rund 1.550 Tieren. Daneben sind kleine Heimtiere wie Meerschweinchen, Kaninchen, Mäuse und Ratten überdurchschnittlich stark vertreten.
Auffällig ist, dass gerade kleine Heimtiere meist in sehr großen Beständen gehalten werden. So wurden in einem einzigen Fall mehrere hundert Tiere im Haushalt gefunden. Neben klassischen Haustieren betrifft Animal Hoarding auch Ziervögel, Nutztiere und exotische Arten. Viele Tiere sind krank, verletzt oder bereits verstorben, wenn sie entdeckt werden.
Gesundheitszustand vieler Tiere alarmierend
Im Jahr 2024 wurden in mehr als 60 der 147 Fälle Symptome wie Unterernährung, Parasitenbefall oder Atemwegserkrankungen bei den Tieren festgestellt. In fast einem Viertel der Fälle litten die Tiere unter gleich vier oder mehr Krankheiten. Besonders häufig wurden Flöhe, Würmer, Hautpilz oder schwere Magen-Darm-Probleme festgestellt, häufig als Folge der extremen Vernachlässigung.
Besonders erschütternd ist der Anstieg der Fälle, in denen Tiere nur noch tot geborgen werden konnten. In 25 dokumentierten Einsätzen fanden Helfer Kadaver in unüberschaubarer Zahl. Viele Tierheime mussten zusätzlich Tiere einschläfern lassen, weil Krankheiten zu weit fortgeschritten oder Verletzungen nicht mehr heilbar waren.
Animal Hoarding bringt Tierheime an Belastungsgrenze
Für die Tierheime bedeuten diese Fälle eine extreme Herausforderung. Die Versorgung kranker und traumatisierter Tiere kostet nicht nur Geld, sondern auch viel Zeit und Kraft. In rund einem Drittel der Animal-Hoarding-Fälle waren gleich mehrere Einrichtungen an der Unterbringung beteiligt, um die Tiere überhaupt versorgen zu können.

Trotz dieser enormen Leistung erhalten die meisten Vereine kaum Unterstützung. Nur in sehr wenigen Fällen übernehmen Kommunen die kompletten Kosten, oft bleiben Tierheime auf hohen Ausgaben sitzen. Gleichzeitig sinkt die Spendenbereitschaft, während steigende Energiekosten und Tierarztgebühren die Situation zusätzlich verschärfen.
Ursachenforschung und Prävention
Um Hintergründe besser zu verstehen, startete der Deutsche Tierschutzbund 2023 ein Forschungsprojekt. Es untersucht sowohl die Lebenssituation der Halter als auch psychologische Faktoren, die zum krankhaften Sammeln von Tieren führen können. Erste Ergebnisse aus einer Veterinäramtsbefragung werden 2026 erwartet.
Langfristig sollen daraus Präventionsstrategien entwickelt werden. Klar ist schon jetzt: Ohne ein stärkeres Bewusstsein für das Problem und verbindliche gesetzliche Regelungen wird sich die Lage kaum entspannen. Experten fordern seit Jahren eine Heimtierschutzverordnung und ein bundesweites Register für auffällig gewordene Personen.
Tierschutzbund fordert bessere Zusammenarbeit
Animal Hoarding bleibt schwer zu erkennen und wird oft erst durch Hinweise von Polizei oder Ordnungsämtern aufgedeckt. Im Jahr 2024 stammte der Großteil der Meldungen von Behörden, Nachbarn oder Angehörigen. Fachleute betonen deshalb, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit zwischen Tierschutz, Ämtern und Sozialdiensten ist.
Denn die Betroffenen werden in vielen Fällen rückfällig und schaffen sich trotz Tierhaltungsverbots schnell wieder Tiere an. Solange Animal Hoarding nicht als eigenes Krankheitsbild anerkannt ist, fehle es an nachhaltigen Therapien und spezialisierten Hilfsangeboten, so der Tierschutzbund. Nur durch gemeinsames Handeln lassen sich Leid und erneute Fälle wirksam verhindern.



