In manchen Bundesländern, darunter Bayern, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen, hat die Brut- und Setzzeit schon am 1. März begonnen. In vielen anderen Bundesländern startet sie erst am 1. April, unter anderem in Niedersachsen. In Bremen beginnt die Brut- und Setzzeit am 15. März. Das Ende dieser Zeit ist in den meisten Bundesländern der 15. Juli.
In diesen Monaten bekommen besonders viele heimische Wildtiere wie Füchse, Enten, Vögel, Hasen und Rehe Nachwuchs. Weil der Fortbestand der Arten für das Ökosystem wichtig ist, dürfen sie bei der Paarung und Aufzucht der Jungen nicht gestört werden.
Leinenpflicht gilt nicht überall
Um die Wildtiere optimal zu schützen, müssen Hundehalter ihre Tiere deshalb an die Leine nehmen. In Freilaufflächen gilt diese Leinenpflicht aber häufig nicht. Zudem regeln die Bundesländer und teilweise sogar die Gemeinden die Leinenpflicht unterschiedlich. So besteht zum Beispiel in Bayern keine allgemeine Leinenpflicht.
Hundehalter werden um Vorsicht gebeten
Doch auch, wenn in manchen Gemeinden Hunde während der Brut- und Setzzeit nicht an die Leine müssen, bitten Tierschützer Hundehalter für die Zeit um besondere Vorsicht. Das sei kein Problem, denn auch angeleint können Hunde ihrem Schnüffelbedürfnis nachgehen, sofern sich der Mensch die nötige Zeit nimmt und sich mitbewegt, erklärt Diplom-Biologe Sven Fraaß vom Hamburger Tierheim an der Süderstraße.
Auch wenn die Fellnase keinen starken Jagdtrieb habe, könne seine bloße Anwesenheit im Revier der Wildtiere für eine Störung der empfindlichen Tiere sorgen. Besonders Vögel, die am Boden brüten oder Hasenjunge, die in kleinen Kuhlen im Gebüsch auf ihre Mutter warten, könnten den Hunden schnell zum Opfer fallen.

Hasenjunge sind oftmals gar nicht verwaist
Wer ein Wildtierjunges findet, sollte es nicht anfassen und zunächst aus sicherer Distanz in einem Versteck beobachten, ob die Mutter zurück kommt. Vor allem Feldhasen und Rehkitze liegen versteckt im hohen Gras, während das Muttertier in der Nähe auf Futtersuche ist.
Solange aber ein Mensch präsent sei, werde die Ricke Abstand halten, erklärt Wildtierexpertin und Diplom-Biologin Eva Lindenschmidt von „Vier Pfoten“. Gleiches gelte für Feldhasen, die mit Fell und offenen Augen geboren werden und dann allein in einer kleinen Senke in der Wiese sitzen, während die Mutter nur alle paar Stunden zum Säugen kommt. Im Gegensatz dazu werden Kaninchen blind und taub geboren und bleiben zunächst im Bau. Erst wenn sie älter und fast selbstständig sind, verlassen sie ihn“, erklärt Lindenschmidt.
Hilfsbedürftiges Wildtier gefunden: Polizei oder Förster rufen
Die Mitarbeiter der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ appellieren deshalb an alle Halter. „Zum Schutz der Wildtiere sollten alle HundehalterInnen ihre Vierbeiner in den Monaten März bis Juli dort anleinen, wo Wildtiere vorkommen können.“ Das würde auch naturnahe Auslaufflächen betreffen, die beispielsweise an Waldrändern liegen. Wenn der eigene Hund trotz Vorsicht ein Wildtier verletzt, sollten Halter die Polizei rufen, die den zuständigen Förster kontaktieren kann.
Und selbst wenn die Häschen voreilig von Menschen mitgenommen worden sind, sei es oft noch nicht zu spät, erläutert Diplom-Biologe Sven Fraaß vom Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV): „Hasen können sogar noch am Folgetag an den Fundort zurückgebracht werden, ohne dass die jeweilige Mutter sie aufgegeben hätte oder ablehnen würde“. Prinzipiell sollen Jungtiere nicht mit bloßen Händen angefasst werden, da die Mütter nervös auf den menschlichen Geruch reagieren. Das habe sich jedoch bei Tieren, die in menschlicher Nähe leben, im Laufe der Generationen relativiert.

Die Biologin Lindenschmidt rät ebenfalls: „Erst wenn die Mutter nicht zurückkehrt oder das Tier offensichtlich verletzt ist, sollte man eingreifen und sich an die nächste Wildtierstation wenden.“ In Rheinland Pfalz betreibt „Vier Pfoten“ zusammen mit „Tierart“ beispielsweise die „Tierart Wildtierstation“ in Maßweiler.
Krankes oder verletztes Tier zur Wildtierstation bringen
„Allerdings sollten Laien keinesfalls versuchen, das empfindliche Jungtier zu päppeln oder ein augenscheinlich krankes Tier zuhause behalten“, betont Fraaß. Im Hamburger Tierheim Süderstraße behandelt ein ausgebildetes Praxisteam die verwaisten Wildtiere – fachkundige Pflegende ziehen sie artgemäß groß und bereiten damit eine erfolgreiche Auswilderung durch auf Hasen spezialisierte Wildtierstationen vor.
Im vergangenen Jahr kümmerte sich das Tierheim Süderstraße um mehr als 5.488 Wildtiere, darunter 42 Feldhasen. Um das Aufpäppeln gewährleisten zu können, bekommt der Verein keine öffentlichen Gelder, sondern ist auf Spenden angewiesen.
Vorsicht bei Wildschweinen mit Jungen
Auch manche Wildschweinrotte ist bereits mit ihrem Nachwuchs in den Wäldern unterwegs. Die großen Borstentiere pflanzen sich mittlerweile ganzjährig fort. Es also schon mal vorkommen, dass Spaziergänger auf eine Rotte mit Frischlingen treffen können.
Doch gerade bei jungen Wildschweinen ist Vorsicht geboten, denn die Bachen – die weiblichen Wildschweine – verteidigen ihre Winterkinder energisch gegen potenzielle Feinde. „Wenn die Kleinen Angstlaute von sich geben, gehen sie vehement gegen die vermeintliche Bedrohung vor – egal, ob Mensch oder Hund. Wer also Wildschweine mit Nachwuchs sieht, sollte einen großen Bogen um die Tiere machen“, warnt Eva Lindenschmidt.



